Haushaltsrede zum Haushalt der Stadt Lindau für 2024

gehalten von Angelika Rundel am 19.12.2023

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Dr. Alfons,

liebe Kolleginnen und Kollegen im Stadtrat,

werte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltung,

liebe Gäste,

Monate ohne Haushaltsgenehmigung und der Zwang, drastische Sparmaßnahmen umzusetzen, prägten die erste Hälfte dieses Jahres. Und schon bei der Haushaltsaufstellung 2023 war klar, das Haushaltsjahr 2024 würde noch größere Einschnitte bringen. Entgegen des „so genannten 2023-Sparhaushaltes“ war dieses Mal nämlich ein echter Sparhaushalt gefordert. 

Unter wirklich schwierigsten Rahmenbedingungen ist es der Kämmerei mit einer Teamleistung von Tobias Pellot, Jürgen Reutin und Irina Wirsum gelungen, wiederum einen  ausgeglichenen und genehmigungsfähigen Haushalt aufzustellen. Dafür ganz großes Lob und Dankeschön!

Tobias Pellot hat gerade die Grundzüge des Haushalts dargestellt.

Ich möchte deshalb nur auf einige, für uns wesentliche Punkte eingehen:

Uns allen ist bewusst, dass die finanzielle Situation der Stadt keinen Spielraum zulässt, der über die Erfüllung der Pflichtaufgaben und der Weiterführung der begonnenen Projekte hinausgeht. Nicht nur der Haushalt 2024, auch die  Verpflichtungsermächtigungen sowie der Finanzplan bilden dies ab.

Nicht umsonst ist „Krisenmodus“ das Wort des Jahres. Die Auswirkungen der globalen Krisen spiegeln sich auch im Haushalt der Stadt Lindau wider: um bis zu 30 % gestiegene Bau- und Anschaffungspreise – sogar bei Löschfahrzeugen der Feuerwehr -, höhere Ausgaben für Zins und Tilgung,  erheblich höhere Energiepreise sowie die tarifliche Anhebung der Personalkosten; diese unvermeidlichen Mehrausgaben belasten natürlich auch unseren kommunalen Haushalt. Hinzu kommt die einmal mehr gestiegene Kreisumlage. Nur zum Vergleich: trotz eines niedrigeren  Hebesatzes liegt sie um 60 %!! höher aus als vor 10 Jahren: 17,3 Mio, das entspricht  22 % des Gesamthaushaltes! Ein neuer Höchststand und das absolute Maximum, das die Stadt Lindau als Kreisumlage finanzieren kann.

Natürlich wirken sich auch die hohen Schulden negativ aus; dennoch ist es aus unserer Sicht zu kurz gesprungen, einseitig den riesigen Schuldenberg zu betrachten. Denn diesen Schulden stehen ja geschaffene Werte gegenüber, ich sage nur Inselhalle, Familienbad, Unterführung, das Gartenschau-Gelände, Spielplätze, die neue Feuerwache etc., etc. Wer möchte heute noch darauf verzichten? In der kameralistischen Buchführung – die es nur noch in ganz wenigen Bundesländern gibt – wird dieses  „Anlagevermögen“,also die kommunalen Vermögenswerte,  bilanziell aber leider nicht dargestellt.

Positiv ist die Entwicklung der Gewerbesteuer: Als verlässliche Einnahmequelle fließt sie weiterhin konstant und kräftig. Auf meinen Vorschlag hin wurde der Ansatz bei den Gewerbesteuer-Einnahmen nochmal angehoben, um den zusätzlichen Prozentpunkt bei der Kreisumlage gegen zu finanzieren. Somit konnte eine neuerliche – aus unserer Sicht unzumutbare – Erhöhung der Grundsteuer B vermieden werden.

Sparhaushalt, das bedeutet unweigerlich, dass etliche wünschenswerte, ja auch ganz wichtige Projekte auf der Strecke bleiben mussten, insbesondere beispielsweise Projekte aus dem Klimakonzept.  Um die Klimaziele weiterzuverfolgen, hoffen wir, dass zumindest die Wärmeplanung zeitnah umgesetzt wird und der Netzausbau sowie die erneuerbaren Energien vorangetrieben werden. 

Auf keinen Fall sparen wollten wir hingegen bei den Zuschüssen an die Vereine: Sie wurden auch 2024 nicht gekürzt. Denn: „Ohne Ehrenamt geht nichts!“ Ein großes Dankeschön an die unzählig vielen, ehrenamtlich Tätigen in unserer Stadt!

Bereits vor den eigentlichen Haushaltsberatungen wurde ausführlich die Dringlichkeit der neu zu schaffenden Stellen diskutiert. Unsere Fraktion steht zu dieser Stellenmehrung, auch wenn dadurch die Kosten im Verwaltungshaushalt zunächst steigen. Warum? Die Bereiche Digitalisierung und Personalentwicklung müssen dringend gestärkt werden. Das Online-Zugangsgesetz (OZG) schreibt den Kommunen vor, ihre Verwaltungen sukzessive zu digitalisieren; gleichzeitig ist es natürlich auch uns selbst ein Anliegen,  einen nutzerfreundlichen, digitalen Zugang zu Dienstleistungen, Formularen etc. zu ermöglichen. Das Ganze ist ein laufender Prozess, der nicht mal kurz – wie manche meinen – von einer externen Beratungsfirma bewerkstelligt werden kann.

Darüber hinaus bringen die nächsten Jahre einen enormen Umbruch in der Verwaltung. Bis 2030  gehen rund 100 Mitarbeitende in Rente oder Pension.  Mittels digitalisierter Abläufe muss alles dafür getan werden, einen  Wissenstransfer zu gewährleisten; umso mehr angesichts des Personalmangels auch im öffentlichen Dienst. Infolge scheint es aber auch realistisch, dass etwa 20 Stellen gar nicht wieder besetzt werden können und durch Umstrukturierungen künftig entfallen. 

Unumgänglich sind Stellen, die schon perspektivisch für den Betrieb des Cavazzen eingeplant sind. Das neu strukturierte, größere Museum kann nur mit der nötigen Personalausstattung betrieben werden.  Alle, die vor Jahren JA zur Sanierung gesagt haben, müssen  jetzt auch B sagen und dem berechneten Stellenumfang zustimmen. Dabei wollen wir nicht verhehlen, dass der Ansatz bei den Personalkosten ab 2025 eine große Herausforderung darstellt. Nach einem gewissen Erfahrungszeitraum müssen deshalb Öffnungszeiten evaluiert und gegebenenfalls auch angepasst werden.

Seltene Einigkeit im Stadtrat herrscht darüber, dass die Mittelschule und die dringend erforderlichen Investitionen an den Grundschulen im Zuge der Ganztagsbetreuung, Vorrang vor allen anderen, neuen Investitionen haben. 

Der Weg allerdings, wie wir dorthin kommen, ist äußerst umstritten und sorgt für Unstimmigkeiten, wo Einigkeit zielführender wäre.

So beharrte die CSU, JA, FB und FW auf ihrem Antrag, wonach sämtliche künftige Verkaufserlöse zweckgebunden für die Mittelschule verwendet werden sollen. Inzwischen hat auch die Rechtsaufsicht klargestellt, dass dieses Vorgehen rechtswidrig ist, weil es gegen das Gesamt-Deckungsprinzip verstößt. Dass dieser Antrag justament auch noch unmittelbar nach Beginn des Mutterschutzes der Oberbürgermeisterin behandelt werden sollte, sorgte zudem für Unmut und stieß auf unsere Ablehnung. Irgendwie hinterließ es den Eindruck, als wolle man sich halt gar zu gern im Alleingang als Retter der Mittelschule präsentieren. Ergo: Der Antrag war  weder konstruktiv noch zielführend, zumal die Verkaufserlöse bei Weitem nicht zur Finanzierung ausreichen würden.

Wir unterstützen den nun vorgeschlagenen Weg, zum einen, weil es keine zeitlichen Verzögerungen bedingt, zum anderen – und das ist ebenso wichtig -, weil wir damit auf Sicht fahren und das Risiko minimieren, möglicherweise Steuergelder falsch einzusetzen.

Immerhin konnten durch einen von uns eingebrachten Deckungsvorschlag 200 000 Euro für den Umbau in der Mittelschule Aeschach zusätzlich in den Haushalt aufgenommen werden. In nichtgenutzten Räumen im Untergeschoss soll eine Mensa und Aufenthaltsräume für die Mittagsbetreuung der Grundschule entstehen.

Des weiteren hängt nun alles davon ab, im Konsolidierungsprozess, eine freie Finanzspanne im Verwaltungshaushalt zu schaffen. Nur wenn uns das gelingt, können wir eine derartig große Investition wie die Mittelschule finanziell stemmen. Als Mitglieder der städtischen Familie sind auch die Töchter und Eigenbetriebe gefordert, ihren Anteil dazu beizutragen.

Unser besonderer Appell geht aber an alle Kolleginnen und Kollegen : Bitte betreibt keine Verhinderungspolitik, sondern nehmt den Konsolidierungsprozess ernst und lasst uns konstruktiv zusammenarbeiten. Gemäß unserem gemeinsam gesteckten Ziel, als Stadt selbstbestimmt und handlungsfähig zu bleiben, um die Stadt nachhaltig attraktiv weiterentwickeln zu können. Damit Lindau auch weiterhin lebens- und liebenswert bleibt für alle Bürgerinnen und Bürger.

Zum Abschluss bedanken wir uns bei allen Abteilungen der Stadt und ihren Töchtern für die allzeit gute Zusammenarbeit. Wir wünschen Ihnen, Frau Oberbürgermeisterin Dr. Alfons, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates sowie allen Bürgerinnen und Bürgern ein frohes Weihnachtsfest, erholsame Tage mit Zeit zum Innehalten und Nachdenken sowie Gesundheit, Glück und Zuversicht im neuen Jahr.

Die SPD-Fraktion stimmt dem Haushalt zu.