zum Haushalt der Stadt Lindau für das Haushaltsjahr 2022
Sehr geehrter Herr Bürgermeister Hotz, sehr geehrte Frau Bürgermeisterin Dorfmüller,
werte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates,
sehr geehrte Damen und Herren,
„Eine besondere Herausforderung“ nannte Kämmerer Felix Eisenbach bei den Haushaltsberatungen die Aufstellung des Haushalts für das kommende Jahr. Und zumindest noch für 2023 seien die Aussichten auch nicht besser.
Denn nach wie vor sind die finanziellen Auswirkungen der Pandemie in vielen Bereichen zu spüren, so auch in den Einnahmen unserer Stadt.
Auch wenn wir haushaltstechnisch relativ gut durch dieses Corona-Jahr 2021 gekommen sind: dank der staatlichen Hilfen und der Mehreinnahmen bei der Gewerbesteuer. Auch die für Lindau so wichtige Säule des Tourismus hat sich nach dem Lockdown wieder erfreulich rasch und gut entwickelt.
Inzwischen sehen wir etwas positiver der Genehmigung durch die Kommunalaufsicht entgegen, da der Anteil an der Gewerbesteuer nochmals erhöht werden kann und damit auch die Mindestzuführung im Haushaltsjahr 2022 erreicht wird.
Betrachtet man den Haushalt 2022 sticht zuallererst natürlich der enorme Schuldenzuwachs ins Auge: Ausgelöst zum einen durch die Übernahme der Bäder in den Kernhaushalt, zum anderen durch die hohen Investitionen bei der GTL.
Angesichts dieses immensen Schuldenberges ist die Sorge von BürgerInnen, dass die Stadt sich übernimmt oder sich schon übernommen hat, absolut verständlich. Ohne diesen Schuldenberg schön reden zu wollen, halte ich dennoch, eine differenzierte Betrachtungsweise für unerlässlich . Denn Schulden sind nicht gleich Schulden, entscheidend ist, inwieweit den Schulden ein reeller Gegenwert entgegen steht.
Alleine 17,3 Mio. Schulden sind durch die Übertragung der Bäder in den Kernhaushalt entstanden. Hier schlagen in erster Linie die Kosten für das neue Familienbad zu Buche. Eine Investition, die explizit unseren Familien und dem Schulsport zugute kommt. Das kosten-verschlingende „Limare“ ist damit endlich Geschichte und wir können das wertvolle Grundstück veräußern und einer neuen Nutzung zuführen.
Darüberhinaus fördert die Therme den Tourismus auch außerhalb der Saison und sorgt so für ganzjährige Einnahmen im Bereich Fremdenverkehrsbeitrag und die Kurabgabe.
Betrachten wir die GTL so handelt es sich bei der Hälfte der Schulden um sogenannte rentierliche Schulden, verursacht durch Investitionen im Bereich Abwasser, die durch Abwassergebühren refinanziert werden.
Ein großer Anteil der restlichen Schulden wurde durch den Neubau der GTL verursacht. Unsere Fraktion steht nach wie vor zur Entscheidung der räumlichen Zusammenlegung und wir sind überzeugt, dass die dadurch gewonnenen Synergien ab dem kommenden Jahr – dem ersten kompletten Betriebsjahr am neuen Standort – zum Tragen kommen.
Gerade aufgrund der hohen Schuldenlast führt kein Weg daran vorbei, uns in den kommenden Jahren auf die Pflichtaufgaben zu konzentrieren. Die Verpflichtungsermächtigungen bilden dies ab und spiegeln die Erfüllung dieser Pflichtaufgaben wider: Zuschüsse für Kitas, für den Neubau der Kita Zech, für Projekte im Bereich Straßenbau und Radwege sowie den Eigenanteil am Bahnübergang Lotzbeck. Zudem wird der Cavazzen-Umbau weitergeführt, um dessen Förderung uns viele Städte in der Region beneiden.
Mit dem Neubau der Mittelschule wird ein Meilenstein in Lindaus Schullandschaft auf den Weg gebracht. Die Dringlichkeit dieses Bauvorhabens wurde uns im Rahmen des Schulentwicklungsplanes vor Augen geführt. Ebenso wie das umfangreiche Maßnahmenbündel, das mittelfristig für die Schulinfrastruktur der Grundschulen notwendig ist. Ab 2023 sind sukzessive größere Investitionen vorgesehen. Kleinere Maßnahmen – wie an der Grundschule Hoyren – können bereits im kommenden Jahr umgesetzt werden.
All dies sind – wie gesagt – Pflichtaufgaben. Und, um diese zu erfüllen, bedarf es erheblicher Finanzmittel. Sowohl für den Neubau von Kitas, als auch von Schulen gibt es zwar Zuschüsse, doch die Fördersätze und FAG-Mittel sind absolut nicht ausreichend, da die Kostenrichtwerte nicht mehr der Realität entsprechen. Und dies, nicht erst, seitdem die Baukosten dermaßen in die Höhe geschossen sind. Hier muss von der Landesregierung dringend nachgebessert und die Fördertöpfe müssen besser gefüllt werden!
Wurde bei vergangenen Bauprojekten nur auf die reinen Investitionskosten geachtet, müssen beim Neubau der Mittelschule unbedingt auch Aspekte wie Nachhaltigkeit, Lebenszyklus-Kosten sowie Betriebskosten bereits bei der Planung berücksichtigt werden. Die SPD setzt sich mit aller Kraft dafür ein, eine Schule zu bauen, die auf allen Ebenen und in allen Bereichen zukunftsfähig ist!
Sowohl die bereits beschlossenen Investitionsprojekte als auch die Schuldentilgung können nur durch Veräußerung von Vermögen, also Grundstücken, finanziert werden. Diese Verkaufserlöse sind im Finanzplan fest eingeplant. Eine andere – schlechtere – Alternative hierzu wären Kreditaufnahmen und damit das Anhäufen weiterer Schulden.
Heftige Diskussionen gab zum Thema Parkhaus am KBP. Wir sagen: Endlich!! hat der Stadtrat dieses wichtige Projekt auf den Weg gebracht. Endlich – denn seit 2017 stehen wir im Wort, ein Parkhaus am KBP als Kompensation für den Wegfall des Seeparkplatzes zu schaffen.
Im Regiebetrieb sind dafür 750 000 Euro Planungskosten und 15 Mio. Investitionskosten vorgesehen. Auch darüber gab es Streit bei den Haushaltsberatungen. Um die Hälfte kürzen wollten die Bunten diesen Betrag und erweckten den Eindruck, als ob diese Planansätze alleine für das Parkhaus vorgesehen sind. Was schlichtweg falsch ist. Vielmehr wird der gesamte Platz einschließlich der Zufahrt zum Hasenweidweg neu geordnet. Anstelle der seelenlosen Betonwüste mit 60er-Jahre Charme, entsteht dort ein neues landschaftsgerechtes und attraktives Entree zur Insel.
Durch die im Stadtrat beschlossene Aufnahme der Nutzergruppe „Kunden/Kurzzeitbesucher“ kann das Parkhaus auch wirtschaftlich betrieben werden und stellt kein Risiko im Regiebetrieb dar.
Das Parkhaus am KBP ist zudem ein Baustein im künftigen Parkraumkonzept der Gesamtstadt. Ein Konzept das unbedingt zügig weiterverfolgt werden muss.
Denn eines ist klar: Das Bündel an Interimsmaßnahmen macht die Parkraumbewirtschaftung unwirtschaftlich. Interimsparkplätze sind derzeit notwendig; der Kostenaufwand steht aber in keinem Verhältnis zur Nutzungsdauer. Deswegen braucht es so schnell wie möglich Dauerlösungen.
Ein anderes elementares Projekt für unsere Stadt zeichnet sich im Haushalt nur indirekt ab: die künftige Bebauung der Hinteren Insel. Erlöse aus einem Verkauf des Areals sind im mittelfristigen Finanzplan fest eingeplant. Selbstredend auf der Basis des Stadtratsbeschusses von 2014, dass die Grundstücke nicht auf dem freien Markt veräußert werden.
Um die Finanzkraft der Stadt auch künftig zu erhalten, braucht es aber vor allem Menschen, die hier Steuern bezahlen, weil sie ganzjährig ihren Erstwohnsitz in Lindau haben. Und aufgrund der demographischen Situation – das haben wir bei der Wohnungsbedarfsanalyse gehört – benötigen wir dringend einen Zuzug, ganz besonders von jungen Familien. Die bereits versiegelten Flächen auf der Hinteren Insel sind perfekt geeignet, um zentrumsnahen Wohnraum zu schaffen. Auf diese Weise kann Lindau wachsen, ohne seinen Grundsatz „Innen vor Außen“ zu verwirken.
Aufgrund der hervorragenden Anbindung an den ÖPNV bietet der Standort darüberhinaus optimale Voraussetzungen für eine Mobilität ohne Auto: Ein wichtiger Faktor auf dem Weg zur Klimaneutralität.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, bei der Vorbereitung für diese Haushaltsrede habe ich Haushaltsreden aus vergangenen Jahren angeschaut. Viele Projekte, die uns über einen langen Zeitraum beschäftigt haben, wurden inzwischen umgesetzt. Darauf können wir alle zusammen stolz sein.
Daraus ergibt sich aber auch meine Bitte: Großprojekte – wie das Parkhaus am KBP oder auch die Bebauung der Hinteren Insel – wurden über Jahre mit viel Zeit und Engagement entwickelt. Stadträte sollten deshalb nicht alles infrage stellen; es ist auch ein Gebot des Demokratieverständnisses, Mehrheitsentscheidungen zu akzeptieren.
Zum Abschluss bedanken wir uns bei allen Abteilungen der Stadt und ihren Töchtern für die allzeit gute Zusammenarbeit. Wir wünschen Frau Oberbürgermeisterin Dr. Alfons, allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, den Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates sowie allen Bürgerinnen und Bürgern ein frohes Weihnachtsfest, erholsame Tage mit Zeit zum Innehalten und Nachdenken sowie Gesundheit und Glück im neuen Jahr.
Die SPD-Fraktion stimmt dem Haushalt 2022 zu.
Fraktionsvorsitzende Angelika Rundel in der Stadtratssitzung am 15.12.2021