Haushaltsrede der SPD-Fraktion – „Pflicht vor Kür“

Haushaltsrede SPD-Fraktion

Zum Haushalt der Stadt Lindau für das Haushaltsjahr 2021

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin,

werte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrats, sehr geehrte Damen und Herren,

Pflicht vor Kür! Diese Maxime galt angesichts der umfangreichen Projekte, welche die Stadt auf den Weg gebracht hat, schon vor Corona und gilt jetzt erst recht: Die finanziellen Auswirkungen der Pandemie stellen uns in diesem Jahr, insbesondere aber in den Jahren 2022 und 2023, vor immense Herausforderungen. Fast 10 Mio. an Einnahmen fehlen in den nächsten drei Jahren und so ist es unsere Pflicht, uns auf das Notwendige zu konzentrieren.

Aber: was ist das Notwendige? Darüber gibt es natürlich im Stadtrat unterschiedliche Meinungen. Positiv zu vermerken ist, dass der Stadtrat sich einig ist, keine finanziellen Risiken einzugehen.

Unstreitig notwendig ist, die dauernde Leistungsfähigkeit der Stadt zu erhalten und einen ausgeglichenen Haushalt aufzustellen. Dies gelingt – neben den Zuschüssen und Darlehen – in erster Linie durch Grundstücksverkäufe. Das hat nichts mit Verscherbeln von Tafelsilber zu tun, sondern ist richtig: Zum einen, weil die Verkäufe an die GWG der Schaffung von wertvollem Wohnraum, also einem übergeordneten Ziel, dienen. Zum anderen, weil die Alternative noch höhere Schulden wären. Zins und Tilgung hierfür im Verwaltungshaushalt zu erwirtschaften, ist derzeit aber nicht darstellbar.

Notwendig – aus unserer Sicht – sind die Stellenmehrungen im Bereich der Kämmerei, des Bauamtes und der EDV. Wie alle Kommunen stellt das neue Umsatzsteuerrecht auch unsere Verwaltung vor kolossale Aufgaben. Um diese zu meistern, ist eine weitere Stelle unumgänglich. Das gleiche gilt für das Bauamt und die EDV. Beschlossen wurde zudem eine Stelle für die Organisationsentwicklung. Hiervon erwarten wir allerdings auch Optimierungseffekte, sei es infolge einer Neustrukturierung oder  bei Stellennachbesetzungen.

Jedwede weitere – wünschenswerte – Stelle lehnen wir derzeit ab.

Des Weiteren ist eine konsequente Weiterführung der angefangenen Projekte unabdingbar. Cavazzen, Therme mit attraktiven Familien- und Freibad sowie die Gartenschau bringen Lindau einen nachhaltigen Mehrwert. Darauf können sich BürgerInnen und Gäste gleichermaßen freuen. Diese Projekte stärken darüberhinaus die Wirtschaftskraft der Stadt, was der stark gebeutelten Hotellerie und Gastronomie und dem existentiell bedrohten Einzelhandel zugute kommt.

Absolut notwendig sind die Investitionen in Kitas und Schulen. Aufgrund der Nachfrage steigen die  Zuschüsse für die Kinderbetreuung stetig. Daneben liegt der Schwerpunkt derzeit im Stadtteil Zech. Mit einer halben Million Euro für Planungskosten und  einer VE von  4,7 Mio. für den Kita-Neubau sowie der Übertragung des Haushaltseinnahmerestes von 482.000 Euro für die Grundschule.

„Kurze Beine – kurze Wege“ muss auch für die Zecher Kinder gelten und deshalb ist die Erweiterung der Grundschule schnellstmöglich umzusetzen.

Positiv anzumerken ist auch, dass dank des Digitalpaktes des Bundes jetzt endlich die Digitalisierung der Schulen vorankommt. Hierfür sind 368.000 Euro eingestellt.

Ebenso sind kleinere Verbesserungen an der GS Oberreitnau und neue Schulmöbel für die GS Hoyren vorgesehen.

Größere Summen für die Schulinfrastruktur hat die Kämmerei angesichts der Haushaltslage erst ab 2023 eingeplant. Sollte sich die Einnahmesituation jedoch wider Erwarten rascher verbessern, drängen wir darauf, frühzeitiger mit dem Maßnahmenpaket zu beginnen.

Notwendig und absolut wichtig für unsere Stadt sind die neuen Bahnquerungen und Erschließungen infolge der Bahnprojekte. Erfreulicherweise müssen wir hauptsächlich nurmehr Gelder zur Vorfinanzierung bereitstellen; die Hauptlast tragen Bund und Bahn. Allerdings drängt auch hier die Zeit. Oberbürgermeisterin und Verwaltung sind gefordert, in enger Abstimmung mit EBA und Bahn die nötigen Baumaßnahmen zu forcieren.

Als vordringlich sehen wir auch eine Lösung des Parkproblems an. 

Um für das Kampagnenjahr gerüstet zu sein, sind eine halbe Million Euro zur Herstellung von Interimsparkplätzen eingestellt.  Gleichwohl benötigen wir natürlich langfristige Lösungskonzepte. Dem von uns initiierten Bürgerbeteiligungsprozess für den KBP soll auf keinen Fall vorgegriffen werden. Er ist ergebnisoffen zu führen und wir erhoffen uns – nach dem schleppenden Start – bis zum Sommer ein einvernehmliches Ergebnis. Um handlungsfähig zu sein macht es jedoch Sinn, 200.000 Euro Planungskosten und für die Jahre 2022/2023 jeweils 5 Mio. im Finanzplan für ein Parkhaus einzustellen, egal, ob am KPB oder am Reutiner Bahnhof.

Die Straßenerneuerung der Schachener Str. ist sicherlich vonnöten und hierzu hohe Fördermittel zu nutzen richtig.  Allerdings birgt die Umgestaltung zur Fahrradstraße Konfliktpotential, insbesondere für unser bewährtes Stadtbussystem, für querende Fußgänger an der Leonhardskapelle und für Anlieger. Deshalb fordern wir einen unabhängigen Verkehrsplaner zu beauftragen, der ganz konkrete Maßnahmen aufzeigt, mit denen die Nachteile für die genannten Verkehrsarten kompensiert werden können: beispielsweise ein absolutes Halteverbot im Bereich Dennenmoos/Ebnet sowie eine Vorfahrtsberechtigung für den Stadtbus an der Einmündung Höhenstraße und der Enzisweilerstraße. Nur wenn ein vernünftiger, tragfähiger Kompromiss geschaffen wird, macht diese Maßnahme in Gänze Sinn.

Nebenbei bemerkt: Was ist eigentlich mit dem vom Freistaat zur Kompensation der Straßenausbaubeiträge versprochenen finanziellen Ausgleich? Für die Haushaltsjahre 2019 und 2020 waren jeweils 150 Mio. Euro vorgesehen. Für die Folgejahre: Fehlanzeige!

Fazit: Wie im Jahr 2020 werden wir wohl auch heuer mit einem blauen Auge davonkommen. Es ist der Kämmerei gelungen, die großen Einbußen zu kompensieren. Hierfür gilt unser herzlicher Dank und großes Lob. Ein großes Dankeschön auch an Sie, Frau Oberbürgermeisterin sowie an die gesamte Verwaltung sowie alle Mitarbeitenden in den Regiebetrieben und GmbHs.

Die Auswirkungen von Corona werden uns noch lange und in vielerlei Bereichen zu schaffen machen. Auch 2021 und 2022 muss den Kommunen – von Bund und Freistaat – unter die Arme gegriffen werden, ansonsten müssen wichtige Aufgaben wie Schulsanierungen und Straßeninstandhaltung hintan stehen. Hier ist der Städtetag als Interessensvertreter gefordert. Und wir selbst, indem wir persönlich Bundestags- und Landtagsabgeordnete auffordern, sich in den jeweiligen Gremien dafür einzusetzen. 

Die SPD-Fraktion stimmt dem Haushalt 2021 zu.

 

Fraktionsvorsitzende Angelika Rundel in der Stadtratssitzung am 10.02.2021